Die Vorbereitung des Messsystems (Kapitel 2)

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Bevor die Aufnahme beginnen kann, müssen die Kameras kalibriert werden. Durch die Kalibration erfährt die Software die exakte Position jeder Kamera im Raum und die Ausrichtung zueinander. Dies beinhaltet außerdem die Position von möglichen Kraftmessplatten. Die Kalibration muss erneuert werden, sobald eine oder mehrere Kameras bewegt wurden! Es empfiehlt sich die Kalibration am Morgen jedes Messtages durchzuführen.


Vorbereitung des Messvolumens

Für die Kalibration muss sichergestellt werden, dass keine Marker von den Kameras gesehen werden können. Die Kameras können auf große Distanz Daten empfangen, sodass es nicht reicht nur den Messbereich zu räumen. Häufig werden auch Marker, die im Hintergrund auf einem Tisch liegen erkannt.

Für Ganganalysen auf einer freien Gangstrecke (nicht auf dem Laufband) sollte mindestens eine Fläche von 5m x 7m zur Verfügung stehen. Der Patient sollte mittig im Capture-Volumen gehen und die Kameras an den Seiten und Enden platziert werden.
Es ist nicht nötig die Bewegung des Patienten auf den kompletten 7m Länge zu messen. Wichtig ist, dass der Patient zum Messzeitpunkt seine natürliche Ganggeschwindigkeit erreicht hat und ein kompletter Doppelschritt pro Körperseite aufgenommen wird. In Gangevents ausgedrückt (Perry, 2003) sind demnach zwei initiale Bodenkontakte pro Fuß nötig.

Bei der Kalibration muss deshalb auch nicht das komplette mögliche Messvolumen kalibriert werden, sondern lediglich der angestrebte Bereich. Bei der Nutzung von Kraftmessplatten ist es empfehlenswert, mindestens einen Schritt vor und zwei Schritte hinter den Kraftmessplatten aufzuzeichnen.


Phantommarker vermeiden

Vor der Kalibration müssen alle Marker aus dem Messvolumen entfernt werden. Dies gilt auch für sogenannte Phantommarker. Dies sind Bereiche im Sichtfeld der Kameras, die stark reflektieren und deshalb als Marker erkannt werden. Manchmal führt auch einfallendes Sonnenlicht zu Phantommarkern, da es infrarote Anteile besitzt. Hier ist es von Vorteil, wenn sich alle Fenster verdunkeln lassen. Wenn dies nicht möglich ist, kann das sogenannte Active Filtering genutzt werden, um Phantommarker durch andere Lichtquellen oder Sonnenlicht zu vermeiden.

Folgende Punkte sollten beachten werden:

    • Vermeidung stark reflektierender Oberflächen beim Aufbau und Design des Labors
    • Einplanung einer Verdunklung für alle Fenster und entsprechend gute Ausleuchtung des Raums mit künstlichen Lichtquellen
    • Feineinstellung bei den Kameras und in der Software (Belichtungszeit, Blende, Marker Threshold, Camera Groups) -> Genauere Informationen sind im QTM Handbuch zu finden
    • Detektierte Marker werden als weiße Punkte in der 2D-Ansicht jeder Kamera dargestellt.
    • Die Zahl in der rechten unteren Ecke gibt die Anzahl aktuell erkannter Marker für jede Kamera an. Vor der Kalibration sollte hier für jede Kamera eine Null stehen.

Sollten nach allen Optimierungsschritten immer noch Phantommarker auftreten bietet die Software (QTM) eine weitere Möglichkeit diese zu beseitigen: Über das Auto-Mask-Tool können die Phantommarker digital entfernt werden.

 

Diese Funktion setzt Maskierungen im 2D-Bild jeder Kamera an der Stel-le, wo stationäre Reflektionen auftreten. Das bedeutet in anderen Worten, der Senor der Kamera wird an dieser Stelle blind gemacht.

 

Über diese Schaltfläche ist es möglich die Maskierungen manuell zu setzen. Der große Nachteil von Maskierungen im Vergleich zu den anderen Optimierungsschritten ist, dass an den maskierten Positionen keine „echten Daten“ mehr aufgenommen werden können. Deshalb sollten Sie nur am Rand des Sichtfelds und möglichst außerhalb des angestrebten Messvolumens angewendet werden.

 


 

Festlegung des Messvolumens

Vor der Kalibration muss entschieden werden, wo der Ursprung des Koordinatensystems für die Marker liegen soll. Alle aufgenommenen Daten werden dann in Relation zu diesem Punkt angegeben. Der gewählte Punkt muss für eine gute Vergleichbarkeit für alle künftigen Messungen identisch sein und sollte deshalb leicht wiederzufinden sein. Sollten Sie über Kraftmessplatten verfügen, wurde der Ursprung bereits für Sie festgelegt.

Nun benötigen Sie das sogenannte L-Frame aus ihrem Kalibrationskit. Dieses wird nun auf dem Boden des Messvolumens platziert; der Ursprung befindet sich später genau in der Ecke des 90°-Winkels. In den Standardeinstellungen ist die lange Seite als X-Achse und die kurze Seite als Y-Achse des Koordinatensystems definiert.

 

Als nächstes setzen Sie den sogenannten Wand aus ihrem Kalibrationskit zusammen. Dieser Wand dient zur millimetergenauen Kalibration des Messsystems und sollte mit äußerster Vorsicht behandelt werden.

 

Über das Wand-Icon können Sie nun die Kalibrationseinstellungen anpassen und die Kalibration starten. Die benötige Kalibrationsdauer hängt mit der Größe des Messvolumens zusammen. Längere Zeiten haben keinen negativen Einfluss auf die Messergebnisse, sie dauern lediglich länger. Wenn Sie alleine arbeiten, können Sie noch ein Delay einstellen.

Die wichtigste Einstellung ist hier die Exact wand length. Hier muss die Länge eingetragen sein, die auf ihrem Wand aufgedruckt ist (oben mittig).

 

 

  • Stehen Sie für die Kalibration mit dem Wand in der Hand im Messvolumen.
  • Sobald die Kalibration gestartet wird, fangen Sie an, den Wand durch das Messvolumen zu bewegen. Achten Sie darauf, auch sich selbst zu bewegen, damit Sie nicht dauerhaft dieselben Kameras verdecken und bewegen Sie den Wand nicht zu schnell.
  • Versuchen Sie das ganze angestrebte Messvolumen abzudecken. Achten Sie auch darauf nah am Boden und für Oberkörpermessungen auch bis auf Kopfhöhe zu kalibrieren.
  • Versuchen Sie nichts mit dem Wand zu berühren, da dies die Genauigkeit der Kalibration negativ beeinflusst.

Ergebnis der Kalibration und Interpretation

Die Ergebnisse der Kalibration werden automatisch durch die Software berechnet und angegeben. Die Software meldet bereits, ob die Kalibration funktioniert hat oder gescheitert ist. Auch bei bestandener Kalibration sollten Sie einen Blick auf die Ergebnisse werfen!

  • In der Spalte Residual sollten nach Möglichkeit alle Werte ähnlich und unter 1.0 sein (je nach Größe des Messvolumens).
  • In der Spalte Points sollten alle Werte über 300 liegen.
  • Als letztes schauen Sie unten auf den Wert Standard deviation of wand length. Ein Wert unter 2mm ist dabei in Ordnung, ein Wert unter 1mm sehr gut.

Nun können Sie das Kalibrationskit sicher verpacken und beiseite stellen. Sollten Sie zusätzliche Hardware wie EMG oder Kraftmessplatten verwenden wollen, schalten Sie diese ein. Als letztes sollten Sie noch die Ausrichtung möglicher Videokameras überprüfen und einen Probe-Trial aufnehmen bevor ihr Patient eintrifft.

Viel Spaß beim Messen!

Weiter geht es in Kapitel 3 mit der Vorbereitung des Patienten.


 

 

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